Warum es sich lohnt, niemals den Mut zu verlieren.

Hey, ich bin Maurice – 22 Jahre alt, hab ADHS, bin voller Energie, voller Gefühlen, voller Ideen, voller Mut. Aber das war nicht immer so. Und ich möchte in diesem Blog davon erzählen, wie ich das hinbekommen habe. Und wenn das auch nur einem einzigen Menschen hilft besser klar zu kommen, bin ich zufrieden.

Es gab Zeiten in meinem Leben, in denen wünschte ich mir, ich wäre nie geboren worden.
Ich hatte das Gefühl, es gäbe niemanden, der weniger wert war, als ich selbst. Ich hatte keine wirklichen Freunde und keine wirkliche Freude. Ich fühlte mich, als wäre ich dazu verdammt für immer die selben Probleme zu haben und den selben Schmerz zu spüren, den ich schon so lange spürte.
Es gab sehr dunkle Momente in meiner Jugend, in denen ich ganz bewusst darüber nachdachte mir selbst das Leben zu nehmen.


Ich fühlte mich so leer und einsam, dass ich nur noch wollte, dass es ein Ende nimmt.
Ein Tiefpunkt folgte auf den nächsten. So fühlte es sich an. Als hätte es die ganze Welt besser als ich. Als wäre ich dem ganzen Leid der Welt bedingungslos und wehrlos ausgeliefert.


ADHS: schlechte Konzentration, schlechte Noten, immer das Gefühl anderen auf die Nerven zu gehen, Handlungen die man selbst nicht versteht, von Therapeut zu Therapeut, ein Medikament nach dem anderen, das nicht hilft, kaum ein Tag ohne Streit … alles in allem: eine einzige Quälerei.

Dann kam da natürlich noch die Pubertät … Ach. Du. Sch***e!

An dieser Stelle: Danke Mama, dass Du mich nie aufgegeben hast und, obwohl ich dir damals die schlimmsten Dinge an den Kopf geworfen habe und nicht wertschätzen wollte, welche Opfer du brachtest, immer weiter gekämpft hast und mir unerschütterlich deine bedingungslose Liebe schenktest!

In in all der Zeit, in der ich damit beschäftigt war immer wieder hinzufallen und wieder aufzustehen, warst Du da. Und hast nie den Mut verloren.

Und Du hast mir diese innere Stärke irgendwie mitgegeben.

Der Moment der Erkenntnis

Es gab diesen einen Moment, in dem mir klar wurde, dass ich richtig tief in der Scheiße sitze.

Nicht weil ich irgendwie Stress mit dem Gesetz hatte oder etwas derartiges, sondern weil ich realisiert habe, dass ich allein dafür verantwortlich bin, wie mein Leben läuft und ich daran vorher nicht einen einzigen Gedanken „verschwendet“ hatte, obwohl es an unangenehmen Konsequenzen meines Handelns echt nicht gefehlt hatte.

Das war das erste Mal im Verlauf eines stationären Aufenthaltes in der Kinder und Jugendpsychiatrie der mit ca. 11 Jahren stattgefunden hat, also kurz nachdem ich auf die weiterführende Schule gekommen war.

Vorher hatten wir schon jedes erdenkliche Präparat gegen ADHS getestet und keines hatte richtig geholfen. Die Ärztin zu der wir wechselten wollte stationäre Klärung, bevor sie irgendwas anderes verordnete.

Die Flucht in eine andere Welt

Diese Erkenntnis hat mich verängstigt. So sehr, dass ich unbewusst die Flucht ergriffen habe (glaube ich zumindest). Ich floh in andere Welten – erst in Geschichten (so wie ich das gerade schreibe, stelle ich fest, dass ich das auch vor der Klinik schon getan hatte, sogar schon in der Grundschule), dann in Videospielen. Ganz besonders Minecraft. Diese zauberhafte Erfindung, in der man seine eigenen Welten nach Lust und Laune aus blockförmigen Bausteinen zusammensetzen kann. Und ich versank darin.

Das Zepter des Handelns

Bis ich daraus allerdings endlich die richtigen Schlüsse ziehen konnte, dauerte es noch eine ganze Weile.

Um genau zu sein, bis zur Mitte der Q2, als ich erstmals die Initiative ergriff, etwas zu verbessern. Ich stellte mich nach einem dieser vielen Momente in denen mir jemand anderes gesagt hatte ich solle endlich Mal die Fresse halten und dieses furchtbare Gefühl in mir drin war, vor die Klasse und sprach das aus, was mich belastete.

Ich wollte es allen beweisen:

ICH BIN NICHT DUMM!

BEACHTET MICH ENDLICH!

SEHT IHR NICHT WIE SEHR ICH LEIDE!

ICH BIN NICHT AUS BÖSER ABSICHT EINE NERVENSÄGE!

Ich weiß, dass ich nervig sein kann. Ich weiß, dass das viel verlangt ist. Aber helft mir doch zur Abwechslung mal, es besser zu machen. Sagt mir nicht erst, dass ich meine scheiß Fresse halten soll, wenn ihr schon alle sauer auf mich seid. Helft mir es selbst zu merken, wenn es zu viel ist. Schlagt vor, wie ich an mir arbeiten kann. Und unfasslicherweise kamen Vorschläge die nicht, wie ich befürchtet hatte, die üblichen Floskeln waren („reiß dich halt einfach mal zusammen“, „wenn du das nicht checkst, bist du eh zu blöd“, „in deinem Alter muss das funktionieren“, „benimm dich halt einfach Mal normal“ … ich könnte diese Liste ewig fortsetzen).

Ein Vorschlag war zum Beispiel: das Leisespiel – wenn Du zu viel redest, dann zeig ich dir den Schweigefuchs und du versuchst so lange ruhig zu sein (kein Reinrufen/ mit dem Nachbarn reden), wie du kannst.

Die beste Entscheidung

Den kompletten Sinneswandel habe ich am Anfang der Q3, also dem ersten Halbjahr des letzten Schuljahres vor dem Abitur durchgemacht. Die erste Woche war noch nicht vorbei, da fasste ich den Entschluss ein Jahr freiwillig zu wiederholen. Und das, obwohl das für mich bedeutete meinen allerbesten Freund „zurückzulassen“ (was es natürlich nicht wirklich bedeutete) und das geringe Maß an Achtung das ich mir durch meine Ansprache an die Klasse verdient zu haben glaubte, hinter mir zu lassen. Dieses Opfer sollte nicht umsonst sein, nahm ich mir vor.

Und das gab mir die Kraft, zu all den Kraftakten, die ich danach leistete.

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